Übergewicht beim Hund - kuschelig oder gefährlich?
So sympathisch ein paar Pfunde beim besten Freund auch sein mögen - Übergewicht ist ein pathologischer Zustand. Ist dein Hund zu dick, dann hat er eine übermäßig hohe Menge an Körperfett gespeichert. Dies kann langfristig zu gesundheitlich nachteiligen Veränderungen führen.
Wie jahrelange Beobachtungen zeigen, betrifft dieses Problem, das in Bezug auf uns Menschen stets diskutiert wird, zunehmend auch Haustiere. Ist ein Hund übergewichtig, können oder wollen dies Hundebesitzer manchmal nicht erkennen.
Doch durch Wegschauen ist die Sache nicht gegessen.
Deswegen erfährst du in diesem Beitrag, was Anzeichen für Übergewicht beim Hund sind, welche Gesundheitsprobleme dadurch entstehen können und was du dagegen tun kannst.
Symptome: Wie erkenne ich Übergewicht bei meinem Hund?
Bei uns Menschen ist das Diagnostizieren von Übergewicht eindeutig und einfach, da wir normalerweise den Body Mass Index verwenden. Bei unseren Hunden hingegen ist die Diagnose deutlich schwieriger, weil die Vielfalt an Hunderassen keine einheitliche Formel zulässt, anhand welcher sich das Idealgewicht errechnen ließe.
Dennoch lässt sich ungefähr bestimmen, wann ein Hund Übergewicht hat: Bringt dein Hund 10% mehr auf die Waage als für einen Hund seiner Rasse und Größe vorgesehen, gilt er als übergewichtig.
Übersteigt dein Vierbeiner das optimale Körpergewicht sogar um 20%, ist die Rede von Adipositas (Fettleibigkeit).
Da das so genannte „optimale Körpergewicht“ jedoch kein genau definiertes Konzept ist, lässt die Diagnose viel Raum für Interpretationen und subjektive Bewertungen.
Deswegen wird in der Veterinärmedizin meistens eine individuelle Körperkonditionsbeurteilung durchgeführt: der Body Condition Score (BCS). Bei dieser Untersuchung wird die Fettmenge des Tiers visuell sowie taktil bewertet und ins Verhältnis zu seinem Körperbau und seiner Muskulatur gesetzt.
Das Ausmaß des Übergewichts kann nur von einem erfahrenen Tierarzt richtig eingeschätzt werden.
Er weiß. wo sich Fettansammlungen befinden, die von uns nicht immer als diese erkannt werden - z.B. am Ansatz der Rute. Zudem hat er das nötige Feingefühl in den Fingern, um beim Abtasten des Brustkorbs festzustellen, wie dick die Hautschicht auf den Rippen ist.
Sein geschultes Auge kann über die unterschiedlichen Rassen hinweg einschätzen, wie der jeweilige Hund mit Idealgewicht aussehen sollte. Sind beispielsweise bei einem Windhund die Rippen etwas zu sehen, kann ein Tierarzt am besten beurteilen, ob das noch normal ist oder ob es sich um Untergewicht handelt.
Beim Blick von oben sollte die Taille des Hundes gut erkennbar sein. Von der Seite betrachtet hat ein Hund mit Normalgewicht einen nach hinten hin hochgezogenen Bauch. Ist dieser hingegen gerade oder sogar durchhängend, sind das Anzeichen von Übergewicht bzw. Fettleibigkeit.
Typische Ursachen von Übergewicht bei Hunden
Bei der Betrachtung der Hauptgründe, warum ein Hund zu dick ist, während ein anderer ständig unterernährt erscheint, muss zunächst zwischen zwei Arten von Übergewicht unterschieden werden: primäres und sekundäres Übergewicht.
Primäres Übergewicht beim Hund
Dies ist die häufigste Form des Übergewichts, die auf genetische Faktoren in Verbindung mit verhaltensbedingten und oft abnormalen Gewohnheiten zurückzuführen ist.
Das primäre Übergewicht wird durch eine übermäßige Energiezufuhr verursacht, die vom Körper nicht verbraucht wird und sich als Körperfett ablagert.
Die unmittelbaren Ursachen, die die Variante des Übergewichts begünstigen, sind:
Überfütterung
Die Fütterung zu großer Futterportionen oder die Verwendung von zu kalorienreichem, nicht an die Bedürfnisse des Hundes angepassten, Futtermitteln (oft mit einem zu hohen Anteil an Fetten und Kohlenhydraten) kann auf Dauer zu einem zu hohen Gewicht führen.
Mangel an ausreichender Bewegung
Das Aktivitätsniveau ist zu gering, um die aufgenommene Energie zu verbrennen. So entsteht ein Kalorienüberschuss und die Fettspeicher werden gefüllt. Häufige Ursache ist Zeitmangel beim Hundehalter oder aggressives Verhalten des Hundes und darauf folgende Isolation. (Hier besteht die Gefahr eines Teufelskreises, weil aggressives Verhalten durch fehlende Auslastung entstehen kann).
Verabreichung bestimmter Medikamente
Entzündungshemmer, krampflösende Medikamente sowie Kortison- und Progesteronpräparate (zum Beispiel zur Läufigkeitsunterdrückung) können einen Einfluss auf das Körpergewicht haben. Muss dein Hund solche Medikamente dauerhaft nehmen, solltest du zu einem kalorienarmen Hundefutter wechseln.
Rassespezifische Veranlagungen
Es gibt mehrere Rassen, die eine Prädisposition für Übergewicht und Fettleibigkeit haben. Dazu gehören beispielsweise der
- Cavalier King Charles Spaniel
- der Dackel
- der Beagle
- der Cocker Spaniel
- der Labrador- und Golden Retriever
Alter
Mit zunehmendem Alter nimmt die Muskelmasse ab, wodurch sich der Nährstoffbedarf mindert. Sinkt gleichzeitig die Aktivität, entsteht schnell ein Kalorienüberschuss, sofern du das Futter hinsichtlich der Menge oder Art (Diätfutter) nicht anpasst.
Sekundäres Übergewicht beim Hund
Sekundäres Übergewicht ist das Ergebnis von Stoffwechsel-Anomalien, die häufig mit endokrinen Störungen im Körper zusammenhängen, wie z. B.:
- Hyperinsulinismus, Diabetes
- Hypopituitarismus
- Störungen des Hypothalamus
- Akromegalie
- Hypothyreose
- Überfunktion der Nebennieren
- Kastration (Rüden)
Eine Kastration begünstigt unter Umständen eine schnelle Gewichtszunahme in zweierlei Hinsicht: Erstens verlangsamt das Fehlen von Sexualhormonen den Stoffwechsel, und zweitens wirken sich die Veränderungen im Hormonhaushalt unmittelbar nach der Operation auf das Sättigungszentrum im Gehirn aus.
Die Wahrscheinlichkeit für Übergewicht ist bei kastrierten Hunden viermal so hoch.
Folgen von Übergewicht für die Gesundheit des Hundes
Hat ein Hund Übergewicht, ist das nicht nur ein ästhetisches Thema. Während wir über „Schönheitsfehler“ hinwegschauen können, dürfen wir Beschwerden und Krankheiten als mögliche Auswirkungen von Übergewicht nicht ignorieren.
Neben dem offensichtlichen Leid des „Mitschleppens“ unnötiger Kilos, was die Bewegungsfreude und Lebensqualität senkt, können Gesundheitsprobleme auftreten, die die Lebenserwartung von Hunden mit Übergewicht teilweise um bis zu ca. drei Jahre reduzieren.
Zu den häufigsten Krankheiten gehören u.a.:
- Störungen des Hormonsystems
- Diabetes
- Überfunktion der Nebennieren
- Dysplasie der Hüftgelenke
- Überlastung der Gelenke, die zu Degeneration und schmerzbedingten Problemen beim Gehen, Stehen und bei anderen Bewegungen führt
- Schädigung der inneren Organe, einschließlich des Herzens, was zur Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Ateminsuffizienz führt
- Bluthochdruck
- Erhöhte Cholesterin- und Blutfettwerte, die zu Arteriosklerose führen
- Schwächung des körpereigenen Immunsystems
Auch hier besteht die Gefahr eines Teufelskreislaufs: Aufgrund der unangenehmen Ermüdung ist dein Hund nicht bereit, sich körperlich zu betätigen, was wiederum die Entwicklung von Übergewicht begünstigt.
Wichtig: Studien konnten außerdem zeigen, dass Übergewicht negative Auswirkungen auf die Lebenserwartung von Hunden hat. Je stärker das Übergewicht, desto kürzer ist die Lebenserwartung bei Hunden.
Übergewicht bei Hunden richtig vorbeugen
Nach dem Grundsatz, dass Vorbeugen immer einfacher und gesünder ist als Heilen, sollten wir unseren Schützlingen Krankheit und bleibende Schäden ersparen. Und auch, wenn es bei den Ursachen unerwähnt blieb - oft haben wir Hundebesitzer mindestens eine Teilschuld.
Natürlich meint es niemand böse von uns, aber manchmal können wir dem Charme eines sympathischen Hungermäulchens einfach nicht widerstehen. Und so ergattern traurig guckende Hundeaugen dann doch noch einen Snack zwischendurch oder ein Leckerchen unter der Hand.
Schaffst du es jedoch, einige Grundregeln zu befolgen, kannst du Übergewicht bei deinem Liebling vermeiden oder beim Abwerfen von bereits vorhandenen Zusatzpfunden unterstützen.
Richtiges Füttern
Eins vorweg: Wiege das Futter für deine Fellnase unbedingt ab! Viele Hundehalter sind dabei sehr inkonsequent oder wiegen das Futter nie ab. Das ist aber ein großer Fehler! Denn so verlierst du den Überblick, wie viel Kalorien dein Hund überhaupt zu sich nimmt.
Wenn du deinem Hund Fertigfutter gibst, solltest du dich an die Empfehlungen des Herstellers halten. Natürlich hängt die Futtermenge auch von individuellen Faktoren wie dem Alter und Geschlecht, der Größe, Aktivität, Trächtigkeit oder Kastration ab.
Somit lohnt es sich, ein Futter zu wählen, das zu den Bedürfnissen und dem Aktivitätslevel deines Hundes passt.
Bei selbst zubereiteten Mahlzeiten musst du selbst darauf achten, dass sie ausgewogen sind und nicht zu viel Fett oder Stärke (Polysaccharide) enthalten. Der wichtigste Inhaltsstoff ist Eiweiß.
Rationierung - die tägliche Futterportion sollte auf zwei bis drei Mahlzeiten aufgeteilt werden, die zu bestimmten Zeiten serviert werden.
Kontrolliere die Menge der Leckerlis, die dein Vierbeiner bekommt. Auch hier geben die Hersteller Empfehlungen an, die vom Gewicht abhängig sind. Sprich dich außerdem mit allen Personen im Haushalt ab, sodass ihr die Anzahl kontrollieren könnt.
Ein zusätzlicher Tipp: Berechne Leckerlies uns Snacks in die tägliche Futtermenge mit ein. Gibst du deinem Liebling viel Leckerlies, sollte die Menge vom Alleinfutter etwas kleiner sein.
Sonst ist der Hund zu dick und niemand weiß, wieso. Oder die Schuld wird hin und her geschoben.
Bewegung und Aktivität
Übergewicht beim Hund lässt sich nur vermeiden, wenn er tun kann, was in seiner Natur liegt: sich viel bewegen.
Bewegung regt den Stoffwechsel an und fördert den Energieverbrauch sowie die Fettverbrennung.
Was kann ich gegen Übergewicht tun?
Wenn wir, aus welchen Gründen auch immer, überschüssiges Fett bei unserem Haustier nicht vermeiden konnten und die Waage uns bereits warnt, müssen wir seine Pfunde purzeln lassen.
Doch welche Schritte müssen unternommen und welche Regeln befolgt werden, um den gewünschten Effekt dauerhaft zu erzielen, ohne dass dein Vierbeiner Schäden davon trägt?
Gewichtskontrolle und Gewichtsabnahme
Bitte berücksichtige, dass eine starke Einschränkung der Nährstoffe zu unerwünschten Veränderungen im Körper führen kann. Eine Diet muss immer von Ärzten oder Ernährungsexperten durchgeführt werden, damit dein Hund keine Mangelerscheinung bekommt.
Die Abmagerungskur wird daher unter dem wachsamen Auge eines Experten (bspw. Tierarzt) durchgeführt, der die Gesundheit deines Hundes durch Tests und morphologische Untersuchungen überwacht.
Neben der Kontrolle sollte der Tierarzt idealerweise auch Erfahrung mit der Zusammenstellung von Diäten haben und bei der gesamten Behandlung unterstützen.
Außerdem erfolgt immer eine anfängliche Untersuchung, die ausschließen soll, dass das Übergewicht eine Krankheiten als Auslöser hat, für die eine Diät keine Lösung wäre.
Hundefutter anpassen
Gibt der Tierarzt einen Startschuss für deine guten Vorsätze, wird die Energiezufuhr durch „Verschlanken“ der Mahlzeiten reduziert.
Die Mahlzeiten werden verkleinert und die Energiezufuhr so gedrosselt. Der Kaloriengehalt muss um 30-35 % reduziert werden muss, um ein Defizit zu erzeugen, das den Körper dazu veranlasst, Fett zu verbrennen;
Des Weiteren kannst du nach Möglichkeit kalorienreiche Zutaten durch kalorienarme ersetzen. Im Trockenfutter sollten neben Ballaststoffen aktive Inhaltsstoffe enthalten sein, die die Gewichtsabnahme unterstützen, z. B. Präbiotika und EFAs, Chrom und FOS.
Bei selbst zubereiteten Mahlzeiten folgen wir ähnlichen Prinzipien, die bestimmen, was bei uns auf den Tisch kommt:
- gesättigte Fettsäuren vermeiden
- Eiweißversorgung erhöhen (besseres Sättigungsgefühl und geringerer Jo-Jo-Effekt)
- Ballaststoffe (für Fülleffekt und zur langsameren Aufnahme von Nährstoffen)
- Verzicht auf Leckerlis oder Wechsel zu kalorienreduzierten Snacks wie Perfect Weight
- Entschleunigung der Nahrungsaufnahme (mit Hilfe von speziellen Schüsseln oder Kongs)
Angemessenes Tempo der Gewichtsabnahme
Die Gewichtsabnahme darf nicht zu drastisch sein. Das würde Mangelerscheinungen fördern und die Gewichtszunahme bei der Rückkehr zur herkömmlichen Ernährung beschleunigen.
Um langfristige Resultate zu erzielen, sollte die Diät über einen längeren Zeitraum (über mehrere Monate) erfolgen und der Gewichtsverlust bei einem zwischen 1 und maximal 3% pro Woche liegen.
Bewegung trotz Übergewicht
Bewegung ist zweifellos ein großer Verbündeter im Kampf gegen überschüssige Kalorien. Wir müssen jedoch beachten, dass gerade übergewichtige und fettleibige Hunde an große Belastungen nicht gewohnt sind und die eingerosteten Gelenke Schaden nehmen könnten.
Auch die Atmungskapazität wird bei einem dicken Hund nicht am Maximum sein, weswegen eine neue Aktivität langsam eingeführt und schrittweise erhöht werden sollte.
Der Tierarzt wird dir nach der Untersuchung sicherlich Tipps hinsichtlich der Bewegungsart geben können. Für den Anfang bietet sich eine Ausweitung der üblichen Gassi-Runde an.
Die geringste Belastung der Gelenke und Wirbelsäule spüren Hunde im Wasser.
Das Erreichen des Idealgewichts wird wahrscheinlich nicht einfach sein. Du solltest keine schnellen, spektakulären Effekte erwarten, um nicht enttäuscht zu werden. Neben der anhaltenden Motivation, brauchst du Geduld, Konsequenz und Zeit.
Wenn du und dein Hund bereit seid, lohnen sich die Mühen. Das Besiegen des Übergewichts und (erst recht der Fettleibigkeit) wird das Risiko von Krankheiten mindern, die Lebensqualität verbessern und eventuell sogar die Lebenserwartung deines Lieblings erhöhen - für viele, glückliche, gemeinsame Jahre.
Quellen:
Salt C et al. Association between life span and body condition in neutered client-owned dogs, J Vet Intern Med. 2019; 33:89-99, abgerufen unter: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30548336/
FAQ – Häufige Fragen zum Übergewicht
Leiden Hunde an Übergewicht, müssen sie die überschüssige Fettansammlungen wieder verbrennen. Das ist durch eine Erhöhung der körperlichen Aktivität oder eine Diät möglich, wobei die Kombination am effektivsten ist. Im Vorfeld sollte der Body Condition Score von einem Tierarzt ermittelt werden.
Ein Hund kann abnehmen, wenn sein Stoffwechsel angeregt und die Fettverbrennung aktiviert wird. Das ist am leichtesten durch Bewegung zu erreichen. Ebenso wichtig für die Gewichtsreduktion ist eine Futterumstellung. In jedem Fall muss die Kalorienzufuhr gesenkt werden.
Ein erhöhtes Körpergewicht wirkt sich negativ auf das Herz-Kreislauf-System aus. Vor allem Hunde, die an Adipositas leiden, neigen schneller zu einem Hitzschlag im Sommer. Zudem belasten zusätzlichen Kilos die Gelenke und machen den Hund träge, was die Lebensqualität mindert. Sogar die Lebenserwartung kann sinken (sogar um bis zu zwei Jahre).